Lieselotte Jaffe, geb. Veit


    • Spitzname: Lottie

    geb.: 26.5.1927 in Freiburg

    gest.: 15.10.2012 in Euclid Heights, Ohio, USA


    Wohnorte:

    1927

    Von: 26.5.1927 bis: 3.5.1939

    Theodor-Ludwig-Str. 4, Emmendingen

    Emigration:

    1939

    Von: 4.5.1939 bis: 12.5.1939

    Aus: Hamburg nach: New York, USA

    Transportmittel: Schiff SS Washington

    Emigration der ganzen Familie Arthur, Erna, Ruth und Lieselotte Veit


     

    Familienzusammenhänge

    Eltern:

    Mutter:

    Erna Johanna Veit, geb. Elikann

    geb. am 10.7.1898 in Hagenbach

    gest. am 20.4.1947 in Zanesville, Ohio, USA

    Vater:

    Arthur Veit

    geb. am 24.2.1892 in Emmendingen

    gest. am 8.11.1952 in Cleveland, Ohio, USA

    Geschwister

    Schwester:

    Ruth Karola Nebenzahl, geb. Veit

    geb. am 10.9.1923 in Emmendingen

    gest. am 1.5.1996 in Cleveland, Ohio, USA


    Ehepartner:

    Hochzeitsdaten unbekannt

    Jason Herbert Jaffe

    geb. am 6.9.1925 in Cleveland, Ohio, USA

    gest. am 11.3.1999 in Cleveland, Ohio, USA

    Kinder

    A. Jaffe (Geburtsname)

    Tochter:

    Joan Elaine Steinberg, geb. Jaffe

    1950 – 2011

    geb. am 20.9.1950 in Cleveland, Ohio, USA

    gest. am 27.8.2011 in Overland Park, Kansas, USA


     

    Biografie

    Lieselotte Veit genannt Lottie wurde am 26. Mai 1927 in einer Freiburger Klinik geboren. Ihre Eltern sind Erna und Arthur Veit. Lieselotte wuchs mit der 1923 geborenen Ruth auf. Die Familie wohnte in der Theodor-Ludwig-Straße 4 in Emmendingen. Dort führte ihr kriegsversehrter Vater ein Kolonialwarengeschäft. Nach einer schweren Verwundung war sein linkes Knie steif. Arthur Veit hatte einen Kompagnon, seinen Cousin Alfred Veit, der einen Viehhandel betrieb.

    Schule

    Lieselotte Veit besuchte von Ostern 1934 an die Markgrafenschule in Emmendingen. Am 20. Juli 1934 wurden auf Anweisung des Kreisschulamtsleiters die 22 jüdischen Schülerinnen und Schüler aus den Volksschulen herausgezogen. Sie wurden vom jüdischen Lehrer Isaak Hobel in einer Gemeinschaftsklasse (alle Jahrgänge zusammen) in Räumen der Emmendinger Markgrafenschule unterrichtet. Im Herbst 1936 wechselte Lieselotte Veit an die jüdische Schulabteilung an der Lessingschule in Freiburg, die zum 21. Oktober 1936 eingerichtet worden war.

    Die Pogromnacht

    Im Gefolge der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde Arthur Veit wie fast alle jüdischen Männer gefangengenommen. Vom 10. November bis 7. Dezember war er in Dachau interniert. Dafür wurde seinen Töchtern nach dem Krieg keine Entschädigung zugesprochen, weil er weniger als einen Monat inhaftiert war. Kein Mann hat Dachau ohne schwere Misshandlungen und Schikanen überlebt. In den Akten Arthur Veits findet sich die Kopie einer Postkarte, die er am 15. November 1938 aus Dachau an seine Familie geschrieben hat: „Liebe Erna liebe Kinder! Ich bin in Dachau und gesund. Meine Adresse ist: Veit Arthur geb. 24.II.92. Dachau 3.K. Block 10. Stube 2. Wöchentlich könnt ihr mir bis zu 15 Mk senden auf den linken Postabschnitt muß unbedingt angegeben sein, Mein Name, Vorname & Geburtstag. Block 10 Stube 2. Herzl. Grüße an alle Arthur.“

    Die jüdischen Kinder, mithin auch Lieselotte Veit, mussten am 10. November 1938 wieder nach Hause gehen. Sie durften die Lessingschule nie mehr betreten. Mitten in der vierten Klasse war Lieselotte Veits Schulbildung unterbrochen. Die Lehrerin Dr. Alice Weil-Mendel musste das Gehalt, dass sie für November schon bekommen hatte, prozentual zurückzahlen. Der Lehrer Alfred Kaufmann kam im Dezember 1938 aus dem Konzentrationslager Dachau frei. Er kämpfte um ein Klassenzimmer für die jüdischen Kinder. Ab Ostern 1939 konnten er und Alice Weil-Mendel im ehemaligen jüdischen Gemeindehaus am Werthmannplatz 1 neben der abgebrannten und gesprengten Synagoge den Unterricht für die verbliebenen jüdischen Kinder fortführen, zu spät für Lieselotte Veit.

    Am 1. April 1938 gaben Arthur und Alfred Veit ihren Betrieb auf.

    Emigration

    Mit dem Schnellzug reiste die Familie Veit am 3. Mai 1939 nach Hamburg. Lieselotte war knapp 12 Jahre alt, ihre Schwester Ruth 15 Jahre. Nach einer Übernachtung in einem Hamburger Hotel schifften sie sich am 4. Mai 1939 auf der SS Washington ein und kamen am 12. Mai 1939 im New Yorker Einwandererhafen Ellis Island an. Die Familie Veit reiste zu Erna Veits Bruder Salomon Elikann nach Chicago weiter.

    Leben im Bundesstaat Ohio

    Die Familie Veit ließ sich in Zanesville, Ohio, nieder. Dort war Erna Veit 1912 als 13-jährige schon einmal gewesen, um einen Onkel zu besuchen. Lieselotte Veit besuchte von September 1939 an die Pioneer School in Zanesville, während ihre Schwester Ruth in einem Haushalt arbeitete. Weil sie mit der Sprache große Schwierigkeiten hatte, wurde Lieselotte Veit nicht in die vierte, sondern die dritte Klasse eingeschult und erhielt privaten Englischunterricht. Von September 1943 bis Juni 1945 besuchte sie die Zanesville Junior Highschool und schloss sie mit dem in Amerika üblichen „Diploma“ ab. Sie bestand noch den Test für die Senior Highschool, sogar als fünftbeste im Bezirk Muskingum, besuchte sie aber nicht, sondern ging arbeiten. Die Art der Arbeit geht nicht aus den Akten hervor.

    Am 20. April 1947 starb Erna Veit mit nur 48 Jahren in Zanesville. 

    Familiengründung

    Am 14. August 1949 heiratete Erna Veit in Cleveland Jason Herbert Jaffe, der in diesem Ort an der Küste des Eriesees geboren worden war. Im selben Jahr zog ihr Vater von Zanesville nach Cleveland, wohnte aber zuerst in einer eigenen Wohnung, ehe er später zur Familie von Lieselotte Jaffe zog. Am 20. September 1950 kam Tochter Joan Elaine auf die Welt. Arthur Veit starb am 8. November 1952 mit 60 Jahren in Cleveland. Tochter Arlene wurde um 1953 herum geboren. Ruth Nebenzahl zog mit ihrer Familie ebenfalls nach Cleveland. Lieselotte Jaffe wohnte mit ihrer Familie in der 4061 Harwood Road in South Euclid im Großraum von Cleveland.

    Beide Töchter heirateten. Joan Steinberg blieb kinderlos. Arlene Trope bekam drei Kinder, Mitchell, Rachel und Daniel.

    Tod

    1996 verlor Lieselotte Jaffe ihre Schwester, 1999 ihren Mann und 2011 ihre 60-jährige Tochter Joan Elaine, die vermutlich wegen einer Ehescheidung wieder ihren Geburtsnamen angenommen hatte. In ihrem Nachruf steht: „Joan Elaine Jaffe, 60, Overland Park, KS, starb am Samstag, den 27. August 2011. Die Trauerfeier findet am Montag, den 29. August 2011, um 14:30 Uhr auf dem Mt. Carmel Cemetery statt. Anstelle von Blumen bittet die Familie um Spenden an Village Shalom oder Beth Shalom Synagogue. Joan wurde in Cleveland, OH geboren. Sie besuchte die Miami of Ohio, wo sie ihren Bachelor-Abschluss in Pädagogik machte und anschließend zwei Master-Abschlüsse erlangte. Sie war Mitglied von MENSA und lebenslanges Mitglied von Hadassah. Joan unterrichtete Mathematik und Englisch an einer High School und war Debattiertrainerin an den Schulen von Elgin, IL und wechselte später an die Chicago Public Schools, wo sie diese Rollen weiter ausübte. Ihr Leben drehte sich um ihre Schüler, die sie dabei unterstützte, voranzukommen und ihre Ziele zu erreichen. Sie war eine eifrige Leserin.“

    Lieselotte Jaffe starb am 15. Oktober 2012 mit 85 Jahren in Euclid Heights, Ohio, und wurde wie ihr Mann auf dem Zion Memorial Park Cemetery in Bedford Heights, Ohio, bestattet.

    Dorothea Scherle

     

    Photographien

    Lottie Veit 1945 mit 18 Jahren.
    Einzugsgebiet der Jüdischen Schulabteilung an der Freiburger Lessingschule (Quelle: Jüdische Zwangsschule Freiburg).
    Die Familie Veit 1939 kurz vor der Emigration in Emmendingen (v.l.n.r.) Erna, Lieselotte, Ruth und Arthur Veit (Quelle: Johannes Theison).
    Grabstein von Lieselotte Jaffe auf dem Zion Memorial Park Cemetery in Bedford Heights, Cuyahoga County, Ohio. Auf Hebräisch steht auf dem Grabstein: Lea bat Avram wChana (Lea Tochter des Abraham und der Hanna) (Quelle: Find A Grave).
    Grabstein von Jason Herbert Jaffe auf dem Zion Memorial Park Cemetery in Bedford Heights, Cuyahoga County, Ohio. Auf Hebräisch steht auf dem Grabstein: Josef Zwi ben Shimon haLevi wRachel (Josef Zwi Sohn des Simon Levi und der Rachel) (Quelle: Find A Grave).

    Dokumente

    Passagierliste aus dem Jahr 1939 mit den Namen von Arthur, Erna, Ruth und Lieselotte Veit. Als Verwandter im Ursprungsland ist Arthur Veits Schwager Herbert Fröhlich in Albisheim angegeben, als Verwandter in den USA sein Schwager Salomon Elikann in Chicago (Quelle: My Heritage).
    Seite aus dem Jahrbuch der Zanesville High School in Ohio von 1945 mit der Erwähnung von Lieselotte genannt Lottie Veit.
    Abschlusszeugnis Lieselotte Veits aus dem Jahr 1945 von der Zanesville Junior High School (Quelle: StaF F 196/1 Nr. 11133).
    Lieselotte Veit hatte die Aufnahmeprüfung für die Senior High School als fünftbester im ganzen Bezirk Muskingum bestanden (Quelle: StaF F 196/1 Nr. 11133).
    Heiratsindex aus dem Cuyahoga County, Ohio, mit dem Namen von Lottie Veit.
    Einbürgerungsantrag von Lottie Veit (Quelle: Ancestry).

     

     

    Archiv & Quellen:

    Gedruckte Quellen / Publikationen

    • Theison, Johannes, Jüdische Familien in Haßloch, 2017

    Archivalien

    ArchivQuelleSignatur
    Stadtarchiv Emmendingen Meldekarte

    Staatsarchiv Freiburg Veit, Arthur, Erbengemeinschaft, Klägerin

    F 166/3 Nr. 2800

    Staatsarchiv Freiburg

    F 196/1 Nr. 11133

    My Heritage Ellis Island und andere New York Passagierlisten, 1820-1957

    My Heritage Jahrbücher von US-Schulen, 1900-1999

    My Heritage U.S. Behördendaten Verzeichnis

    My Heritage Ohio, County, Einbürgerungs-Aufzeichnungen, 1800-1977

    My Heritage Stammbaum, verwaltet von Herry Litvak

    Ancestry Landkreis Cuyahoga, Ohio, Heiratsregister und -indizes, 1810-1973

    Ancestry Ohio Sterberegister, 1908-1932

    Ancestry Sansolo Family Tree, verwaltet von Adam Sansolo

    Tributes.com Lottie Jaffe

    Dignity Memorial Lottie Veit Jaffe

    Find A Grave Lottie Jaffe, Jason H. Jaffe