
geb.: 15.8.1931 in Freiburg
Beruf: Sekretärin
Anlagen 5, Emmendingen
Franz-Josef-Baumgartner-Str. 4, Emmendingen
Bergerstr. 5, Emmendingen
Bismarckstr. 3, Freiburg
Schillerstr. 2, Freiburg
Aus: Genua nach: New York
Transportmittel: SS Vulcania
Inge emigriert mit ihrer Mutter Helene und ihrer Schwester Doris Neuberger.
Mutter:
Helene Neuberger, geb. Waelder
geb. am 7.11.1907 in Rottweil
gest. am 27.3.1988 in New York City, USA
Vater:
Julius Neuberger
geb. am 18.8.1891 in Mellrichstadt
gest. am 7.12.1931 in Freiburg
Doris Sage, geb. Neuberger
geb. am 12.12.1929 in Freiburg
gest. am 22.4.1994 in Baldwinsville, New York, USA
Hochzeit am: 24.8.1952
in: Los Angeles, California, USA
Gilbert Lothar Kutchins (Kutschinski)
geb. am 21.6.1928 in Harborbeach, Michigan, USA
gest. am 28.12.1999 in Casper, Natrona, Wyoming, USA
L. Kutchins (Geburtsname)
geb.:
L. (Geburtsname)
geb.: 1956
Inge Neuberger wurde am 15. August 1931 im Diakonissenkrankenhaus in der Marienstraße 8 in Freiburg geboren. Ihre Eltern sind Helene und Julius Neuberger. Inge wuchs mit der zwei Jahre älteren Doris auf. Ihr Vater war seit Ende Februar 1925 als praktischer Arzt in Emmendingen niedergelassen. Seine Praxis hatte er in der Karl-Friedrich-Straße 24. Die Familie lebte in den Anlagen 5 (heute Burgstraße 6).
Im April 1931 wurde Julius Neuberger verhaftet. Der Sozialdemokrat Hermann Günth setzte sich bei Landrat Alfred Hagenunger für die Entlassung des Arztes ein. Der frühere Kreisarchivar Gerhard Auer vermutet, dass Julius Neuberger wegen einer Abtreibung inhaftiert wurde. Im Februar 1931 gab es einen ähnlichen Fall in Stuttgart.
Am 9. Juli 1931 zog die kleine Familie Neuberger in die Franz-Josef-Baumgartnerstr. 4. Wenige Wochen später wurde Inge geboren.
Am 7. Dezember 1931 starb Julius Neuberger mit 40 Jahren in der chirurgischen Abteilung der Universitäts-Klinik Freiburg und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Freiburg bestattet. In der Todesanzeige heißt es „nach schwerer Krankheit“. Möglicherweise war er in der Haft misshandelt und schwer verletzt worden. Die kleinen Mädchen hatten ihren Vater verloren.
Am 1. Juni 1932 zog die Witwe mit ihren Töchtern in die Bergerstr. 5 und am 1. September 1935 zu ihrer Mutter nach Freiburg in die Bismarckstr. 3 (heute Stefan-Meier-Straße). Nach der Beschlagnahmung ihres Eigentums und dem Verlust des Familienunternehmens aufgrund der antisemitischen Gesetze der 1930er Jahre zog Helene Neuberger mit ihrer Mutter und ihren beiden Töchtern in eine Wohnung in der Schillerstraße 2. Helene Neuberger arbeitete als Betreuerin, und „Oma Waelder“ kümmerte sich um die Kinder.
Inge Neuberger wurde Ostern 1938 in der jüdischen Abteilung der Lessingschule Freiburg eingeschult, die ihre Schwester auch besuchte. Mitten im zweiten Schuljahr begann für die Siebenjährige ein neuer Lebensabschnitt. Am 29. Juni 1939 war ihr letzter Schultag. Am 3. Juli 1939 mussten sich Doris und Inge Neuberger von ihrer Mutter und Großmutter in Freiburg trennen. Sie kamen mit einem Kindertransport in die Schweiz und landeten auf einem Bauernhof in der Nähe von Bern, wo eine katholische Familie deutsch-jüdische Kinder betreute, deren Familien an der Genehmigung ihrer Auswanderungspapiere arbeiteten.
Helene Neuberger reiste im Herbst 1939 nach Genua. Dort traf sie ihre Töchter wieder. Am 25. November 1939 gingen die drei dort an Bord der SS Vulcania. Am 6. Dezember 1939 kamen sie in New York an. Ihre erste Anlaufstelle war Berta Neuberger in New York, die Mutter ihres Vaters. Der Lift mit dem ganzen Hausrat erreichte dagegen nie seinen Bestimmungsort. Die Frachtschiffe liefen nicht mehr aus. Die Gestapo beschlagnahmte den Lift in Amsterdam. Der Inhalt solcher Lifte wurde zwischen 1940 und 1942 zugunsten des Deutschen Reichs versteigert, das Millionen am Eigentum der emigrierten jüdischen Bürgerinnen und Bürger verdiente, die bei einem Vermögen von mehr als 5 000 Reichsmark schon Judenvermögensabgabe und bei einem Jahreseinkommen von mehr als 20 000 Reichsmark auch Reichsfluchtsteuer gezahlt hatten.
Helene Neuberger wohnte mit den Mädchen bei verschiedenen Verwandten. Im April 1940 gab Helene Neuberger ihre Kinder zu den Pflegeeltern Iona und George Hart, die in Westfield, New Jersey, lebten. Sie wuchsen dort auf und besuchten ihre Mutter an den Wochenenden in Manhattan.
Wegen ihrer noch mangelhaften Sprachkenntnisse musste Inge Kutchins in die zweite statt in die dritte Schulklasse eingeschult werden. Von 1940 bis Juni 1944 besuchte sie in Westfield die Lincoln Grade School, von 1944 bis 1947 die Westfield Junior und von 1947 bis 1950 die Westfield Senior Highschool. Am 8. Juni 1950 konnte sie ihr Abschlusszeugnis entgegennehmen. Im Jahrbuch ihres Abschlussjahrgangs ist sie folgendermaßen beschrieben: „Known for her irrepressible giggle… merry blue eyes… superb figure… gay and unruffled… never a dull moment in her geometry class… friendly manners… never has to worry when it rains… her hair is naturally wavy… Ingie.“ (Bekannt für ihr unbändiges Kichern… fröhliche blaue Augen… tolle Figur… fröhlich und gelassen… nie langweilig im Geometrieunterricht… freundliche Art… muss sich nie Sorgen machen, wenn es regnet… ihr Haar ist natürlich gewellt… Ingie)
Von September 1950 bis Februar 1952 studierte Inge Neuberger am Cedarcrest College in Allentown, Pennsylvania. Von Februar 1952 an arbeitete sie in Los Angeles bei der General Insurance Company und später bei der National Sewing Machine Company als Sekretärin.
Am 24. August 1952 heiratete Inge Neuberger in Los Angeles Gilbert Lothar Kutchins. Er stammte aus einer deutschen, lutherischen Familie, die im heutigen Polen nicht weit von der Ostsee beheimatet war. Mit ihrem Mann lebte sie in Los Angeles am 8847 West Adams Boulvevard. Neben ihrer Arbeit belegte sie von Februar bis April 1953 und von September 1953 bis Januar 1954 Kurse am Los Angeles City College, gab das Studium aber auf, ohne den angestrebten Abschluss zu machen. Bis Juni 1954 arbeitete sie noch.
Im September 1954 wurde das erste von drei Kindern geboren. Die Familie zog nach Casper, Wyoming, und wohnte dort in der 1104 Country Club Road.
Inge setzte ihre Ausbildung am Casper Community College fort, wo sie Ende der 1960er Jahre ihren Abschluss machte.
Am 28. Dezember 1999 verlor Inge Kutchins ihren Mann. Er starb an Darmkrebs. Inge Kutchins ist heute 93 Jahre alt und stolz auf ihre deutsch-jüdische Herkunft. Zwei ihrer Töchter und vier ihrer Enkelkinder wurden nach dem deutschen Grundgesetz von 1949 eingebürgert.
Dorothea Scherle
Inge Neuberger mit 18 Jahren (Quelle: My Heritage).
Inge und Doris Neuberger in Emmendingen (Quelle: Privatarchiv Laurie Kutchins).
Vier Generationen (von links): Doris Neuberger (Sage), Flora Waelder geborene Metzger, Inge Neuberger (Kutchins), Helene Neuberger geborene Waelder und Sofie Metzger geborene Berg in Bruchsal, wo Sofie Metzger lebte (Quelle: Privatarchiv Laurie Kutchins).
Doris und Inge Neuberger 1936 in Bruchsal (Quelle: Privatarchiv Laurie Kutchins).
Doris und Inge Neuberger 1936 in Bruchsal (Quelle: Privatarchiv Laurie Kutchins).
Helene Neuberger mit ihren Töchtern Doris und Inge und ihrer Schwester Toni Kugler 1936 in Bruchsal (rechts) (Quelle: Privatarchiv Laurie Kutchins).
Inge und Doris Neuberger 1936 in Bruchsal (Quelle: Privatarchiv Leslie Kutchins).
Doris Neuberger (links) und Inge Neuberger mit ihrer Großmutter Flora Metzger-Waelder 1939 in der Schillerstr. 2 in Freiburg (Quelle: Privatarchiv Laurie Kutchins).
Inge Kutchins ältere Tochter Leslie 1971 an der Natrony County Highschool, Casper, Wyoming (Quelle: Ancestry).
Inge Kutchins ältere Tochter Leslie 1970 an der Natrony County Highschool, Casper, Wyoming (Quelle: Ancestry).
Inge Kutchins jüngere Tochter, die Englisch-Professorin Dr. Laurie Kutchins im Jahr 2000 (Quelle: Ancestry).
Im Februar 1925 schaltet Dr. Julius Neuberger in den Breisgauer Nachrichten ein Inserat, um seine Praxis bekannt zu machen (Quelle: Sammlung Bernd Serger).
Im Mai 1925 informiert Dr. Julius Neuberger in den Breisgauer Nachrichten über seine Kassenzulassung und Sprechzeiten (Quelle: Sammlung Bernd Serger).
Sterbeurkunde von Dr. Julius Neuberger (Quelle: Stadtarchiv Freiburg).
Todesanzeige des früh verstorbenen Julius Neuberger, der sich in Emmendingen als praktischer Arzt niedergelassen hatte. Seine Töchter waren bei seinem Tod im Baby- und Kleinkindalter (Quelle: Stadtarchiv Emmendingen).
Karteikarte von Inge Neuberger, die am 3. Juli 1939 mit einem Kindertransport in die Schweiz kam (Quelle: Schweizerisches Bundesarchiv Bern).
Passagierliste aus dem Jahr 1939 mit den Namen von Helene, Doris und Inge Neuberger. Als Verwandter oder Freund im Ursprungsland ist Tiberio Rosenberger in Budapest angegeben, als
Verwandte in den USA Helene Neubergers Schwiegermutter Berta Neuberger in New York (Quelle: My Heritage).
Jahrbuch der Westfield High School in Westfield, New Jersey, von 1948 mit der Erwähnung von Inge Neuberger (Quelle: My Heirage).
Jahrbuch der Westfield High School in Westfield, New Jersey, von 1950 mit der Erwähnung von Inge Neuberger (Quelle: My Heritage).
Heiratsindex mit den Namen von Inge Neuberger und Gilbert Kutchins (Quelle: Ancestry) .
Wählerregistrierung von 1952 mit dem Namen von Inge Neuberger (Quelle: Ancestry).
Wohnort von Inge Kutchins 1958 (Quelle: Ancestry).
Wohnort von Inge Kutchins 1960 (Quelle: Ancestry).
Artikel über Inge Kutchins Tochter Dr. Laurie Kutchins aus dem Jahr 2000 (Teil 1). Sie ist Englisch-Professorin an der James Madison University in Harrisonburg, Virginia (Quelle: Ancestry).
Artikel über Inge Kutchins Tochter Dr. Laurie Kutchins aus dem Jahr 2000 (Teil 2). Sie ist Englisch-Professorin an der James Madison University in Harrisonburg, Virginia (Quelle: Ancestry).
| Archiv | Quelle | Signatur |
|---|---|---|
| Stadtarchiv Emmendingen | Meldekarte | – |
| Stadtarchiv Freiburg | Datenblatt | – |
| Stadtarchiv Freiburg | Standesbücher | – |
| Staatsarchiv Freiburg | Waelder, Flora geb. Metzger, Erbengemeinschaft, Mitklägerin | F 166/3 Nr. 4020 |
| Staatsarchiv Freiburg | F 196/1 Nr. 11640 | |
| Privatarchiv Laurie Kutchins | – | |
| Sammlung Bernd Serger | – | |
| Schweizerisches Bundesarchiv Bern | Kinder der 300 Kinder-Aktion | J2.55#1000.1246#192* |
| My Heritage | Deutsche Minderheiten-Volkszählung 1939 | – |
| My Heritage | Ellis Island und andere New York Passagierlisten, 1820-1957 | – |
| My Heritage | U.S., School Yearbooks, 1880-2012 | – |
| My Heritage | U.S. Behördendaten Verzeichnis | – |
| Ancestry | Kalifornien, Heiratsregister, 1949-1959 | – |
| Ancestry | USA-Städteverzeichnisse, 1822-1995 | – |
| Ancestry | Index des US-Staatsarchivs, 1950-1993, Band 1 | – |
| Ancestry | Wählerregistrierung, Kalifornien, 1900-1968 | – |
| Ancestry | Jahrbücher von US-Schulen, 1900-1999 (Natrona County High School; Jahr: 1970) | – |
| Ancestry | Jahrbücher von US-Schulen, 1900-1999 (James Madison University; Jahr: 2000) | – |
| Ancestry | Karbley Family Tre | – |
| Wikipedia | Laurie Kutchins | – |